Das kleine Einmaleins der Kommunalpolitik

Mit unserem “kleinen Einmalseins der Kommunalpolitik“ wollen wir die wichtigsten Fragen einfach erklären. Fall Sie Fragen haben, schreiben Sie uns einfach, wir werden versuchen, Ihnen eine nachvollziehbare Antwort zu geben.

Die Hessische Gemeindeordnung (HGO)

Die Spielregeln der Politik in den Kommunen sind in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) festgelegt. Zusammen mit der Hessischen Landkreisordnung (HKO) und dem Kommunalwahlgesetz (KWG) bildet sie die Hessische Kommunalverfassung.

Die HGO regelt die kommunale Selbstverwaltung und die vor Ort gelebte Demokratie. Sie gibt den Gemeinden den rechtlichen Rahmen für ihre Organisation und regelt ihren Status und ihre Stellung innerhalb des staatlichen Gesamtgefüges. Sie beinhaltet die Rahmenbedingungen für die die bürgerschaftliche Teilhabe am kommunalen Willensbildungsprozess.

 So regelt sie die Zuständigkeiten, Befugnisse und Rechte der Gemeinden sowie die Institution, Organisation und Aufbau der gemeindlichen Gremien in Hessen.

Formen der repräsentativen/parlamentarischen Demokratie in der Kommunalpolitik

Wahlen

Alle fünf Jahre wird die Gemeindevertretung bei den Kommunalwahlen neu gewählt. Darüber hinaus gibt es seit 1993 die Direktwahl von Bürgermeister/innen (Wahlperiode 6 Jahre).

Bürgerentscheide

Auch Bürgerentscheide sind zur direkten demokratischen Entscheidungsfindung auf kommunaler Ebene möglich.

Wahlrecht

Wahlrecht bei der Kommunalwahl haben auch ausländische Bürger/innen, sofern sie aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union stammen (Unionsbürger).

Gemeindevertretung

Gemeindevertreter

Anders als die Abgeordneten im Bundestag und in den meisten Landesparlamenten sind die Kommunalparlamentarier ehrenamtlich tätig. Sie erhalten bei der Wahrnehmung des politischen Mandats eine Aufwandsentschädigung in Form von Sitzungsgeld. Vom Grundsatz her sind auch Fahrtkostenzuschüsse und Verdienstausfallszahlungen möglich, was in der Praxis her eher die Ausnahmen sind.

WICHTIG für die ehrenamtlichen Gemeindevertreter und Gemeindevorstandsmitglieder ist, dass:

  1. von ihrem Arbeitgeber für ihren Besuch der offiziellen Sitzungen dienstlich keine Hemmnisse eingeräumt werden dürfen
  2. ihr Arbeitsverhältnis spezielle Schutzrechte zur Sicherung der Mandatsausübung für Beschäftigte in der Privatwirtschaft genießt

Gemeindevertreter/in oder Stadtverordnete/r?

Verwirrend ist, dass es in den einen Kommunen Gemeindevertreter und Gemeindevorstand und dessen Mitglieder und bei anderen Kommunen Stadtverordnetenversammlungen, Magistrat und Stadträte/innen gibt. Dies regelt die HGO zum einen über Größe der Kommune. Zum anderen können aber auch kleinere Kommunen aufgrund von historisch erworbenen Stadtrechten ihre Gremien Magistrat und Stadtverordnetenversammlung nennen. (Ein Beispiel hierfür aus unserem Landkreis ist Groß Bieberau.)


Bezeichnungen
Gemeinde Stadt   Stadt über 50.000 Einwohner
Gemeindevertretung Stadtverordnetenversammlung Stadtverordnetenversammlung
Gemeindevertreter Stadtverordnete/r Stadtverordnete/r
Gemeindevorstand Magistrat Magistrat
Beigeordnete/r Stadtrat/rätin Stadtrat/rätin
Erster Beigeordneter Erste/r Stadtrat/rätin Bürgermeister/in
Bürgermeister/in Oberbürgermeister/in Oberbürgermeister/in

Anzahl der Sitze im Gemeindeparlament

Auch die Anzahl der Sitze in der Gemeindevertretung regelt die HGO. Dass es zu einer schleichenden Vergrößerung der Gemeindevertretung wie in den letzten Jahren im Bundestag kommt, ist nicht möglich. Die HGO gibt einen Rahmen, in dem die Gemeinden die Größe ihrer Gemeindevertretung selbst bestimmen können. In der Münsterer Gemeindevertretung gibt es aktuell 37 Sitze.

 Gemeindevertretung ist Teil der „Exekutive“

 Kennzeichen der Demokratie ist die Gewaltenteilung. Die drei „Gewalten“ sind:

  1. die Exekutive: die ausführende Gewalt
  2. die Legislative: Gesetzgebung
  3. die Judikative: Rechtsprechung

Gemeindevertretungen bzw. Stadtverordnetenversammlungen erlassen keine Gesetze. Sie haben keine unmittelbare Rechtssetzungsbefugnis. Sie sind Bestandteil der Verwaltung des Staates. Sämtliches Ortsrecht (Satzungen etc.) ist abgeleitetes Recht.

Vorsitzende/r der Gemeindevertretung

Die Gemeindevertretung wählt eine/n Vorsitzende/n und eine/n oder mehrere Stellvertreter/innen. Der/die Vorsitzende bereitet die Sitzung der Gemeindevertretung (Aufstellen der Tagesordnung) in Zusammenarbeit mit der Verwaltung vor und leitet sie.

Der/die Vorsitzende ist Mitglied des Parlaments und hat Stimmrecht. Will er/sie einen Redebeitrag in der Sitzung leisten, so muss er/sie mindestens für diese Zeit die Leitung seinem/seiner Stellvertreter/in übertragen.

Weitere Aufgaben:

  • Feststellung der Beschlussfähigkeit der Gemeindevertretung
  • die Amtseinführung und Verpflichtung des/der Bürgermeisters/meisterin
  • Amtseinführung und Verpflichtung und der Beigeordneten/innen
  • Ziehung des Loses bei Stimmengleichheit
  • Sammlung der Anzeigen von Tätigkeiten der Gemeindevertreter zur Vermeidung möglicher Interessenkonflikte
  • Entgegennahme der Mitteilungen über die Bildung von Fraktionen und ihrer Vorstände
  • Abhaltung von Bürgerversammlungen

 

Die gleiche Aufgabenstellung haben die Vorsitzenden der Ausschüsse sowie deren Stellvertreter/innen.

Ausschüsse der Gemeindevertretung

Zur Beratung von Anträgen und Beschlussvorlagen bildet die Gemeindevertretung Ausschüsse, die proportional der Zusammensetzung der Gemeindevertretung entsprechen. Die Mitglieder, die Ausschussvorsitzenden/innen sowie deren Stellvertreter/innen werden in der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertreter (erste Sitzung nach der Kommunalwahl) für die Legislaturperiode gewählt.

In den Ausschüssen werden die den Fachbereich des Ausschusses betreffenden Beschlussvorlagen, die auf der Tagesordnung der folgenden Gemeindevertretersitzung stehen, vorbehandelt. Nach der Diskussion gibt es in der Regel eine Abstimmung mit einer Empfehlung für die Gemeindevertretung. Der/die Ausschussvorsitzende verkündet das Abstimmungsergebnis bzw. die Empfehlung des Ausschusses in der Gemeindevertretersitzung.

Die Gemeindevertretung kann bestimmte Angelegenheiten oder bestimmte Arten von Angelegenheiten den Ausschüssen zur endgültigen Beschlussfassung übertragen. Dies kann sie auch jederzeit wieder beenden.

Die Gemeindevertretung kann ebenfalls jederzeit Ausschüsse auflösen und, sofern erwünscht, neu bilden. Auch die Bildung von neuen Ausschüssen im Laufe einer Legislaturperiode sind möglich.

Für den Geschäftsgang eines Ausschusses gelten dieselben Vorschriften wie für die Gemeindevertretung über:

  • die Öffentlichkeit der Sitzungen
  • die Beschlussfähigkeit
  • Abstimmungen
  • Wahlen, Abwahl des Ausschussvorsitzenden und seiner Vertreter
  • die Einberufung
  • die Ladung und Sitzungsleitung
  • sowie die Ausführung der Ausschussbeschlüsse
  • das Benehmen mit dem Gemeindevorstand hinsichtlich der Festsetzung der Tagesordnung und des Zeitpunktes der Ausschuss-Sitzung

Die Ausschüsse haben über ihre Tätigkeit in der Gemeindevertretung Bericht zu erstatten. Sie tagen in der Regel vor jeder Gemeindevertretersitzung zu den sie betreffenden Beschlussvorlagen. Bedarfsweise kann der Vorsitzende auch zu außerordentlichen Sondersitzungen einladen.

Ausschüsse der Münsterer Gemeindevertretung

Haupt- und Finanzausschuss (HFA)

Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) ist der einzige Pflichtausschuss der Gemeinde. Ausschüsse anderer Fachbereiche werden nach politischer und/oder gesellschaftlicher Relevanz eingerichtet. Den „Finanzausschuss“ schreibt die HGO als einzigen Ausschuss zwingend vor. Meistens besteht er als Haupt- und Finanzausschuss. Neben den Finanzen befasst sich der HFA auch mit gemeindlichen Satzungsfragen.

Ausschuss für Soziales, Vereine, Kultur, Jugend und Senioren („Sozialausschuss“)

Die Aufgaben des vereinfachend auch nur als „Sozialausschuss“ bezeichneten Gremiums sind soziale Belange, die für das kommunale gesellschaftliche Leben wichtig sind und zum Aufgabenbereich der Kommune gehören. Ein wichtiger Bereich ist die vorschulische Kinderbetreuung in den Kindertagesstätten, die die Kommune im gesetzlichen Rahmen zu gewährleisten hat.

Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (BPA)

Hierunter fallen sämtliche kommunalen Planungs- und Baumaßnahmen im Hoch- und im Tiefbau ebenso wie Bau, Wartung und Sanierung der kommunalen Straßen sowie der gesamten baulichen Infrastruktur. Ortsentwicklung, Verkehrskonzepte sowie Aspekte des Umweltschutzes wie auch der Erneuerbaren Energie gehören in diesen Bereich.

Gemeindevorstand

Der Gemeindevorstand setzt sich zusammen aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden, dem/der Ersten Beigeordneten und den weiteren Beigeordneten zusammen. Vertreter/in im Falle der Verhinderung des Bürgermeisters/ der Bürgermeisterin ist der/die Erste Beigeordnete/r.

Mit Ausnahme des/der hauptamtlichen Bürgermeister/in werden die Mitglieder des Gemeindevorstands in der konstituierenden, d. h. der ersten Sitzung der Gemeindevertretung, gewählt. Die Amtszeit des Gemeindevorstandes der vorhergehenden Wahlperiode endet erst mit der Wahl des neuen Gemeindevorstandes (HGO: „Weiterführung der Amtsgeschäfte“). Die Zusammensetzung erfolgt entsprechend dem aus den Wahlen resultierenden Proporz der Fraktionen.

Alle Mitglieder des Gemeindevorstandes in Münster sind ehrenamtlich. Einzige Ausnahme ist der/die hauptamtliche Bürgermeister/in.

Der Gemeindevorstand wickelt nach der HGO die Geschäfte der Verwaltung entsprechend den Vorgaben der Gemeindevertretung „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel“ ab. Auch der Gemeindevorstand diskutiert und stimmt über Beschlussvorlagen ab. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Votum des/der Bürgermeisters/meisterin.

Der Gemeindevorstand tagt in Münster wöchentlich.

Kommissionen

Der Gemeindevorstand kann zur Beratung bestimmter Themen und Aufgaben Kommissionen einberufen. Die Bandbreite der Kompetenzen geht von der einfachen Beratung durch die Kommission bis zu deren Beauftragung der dauernden Verwaltung oder Beaufsichtigung einzelner Geschäftsbereiche sowie zur Erledigung vorübergehender Aufträge. Mitglieder von Kommissionen sind der/die Bürgermeister/in als Vorsitzende/m, Mitglieder des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung und in der Regel sachkundige Einwohner/innen.

Die Sitzungen von Kommissionen sind nicht öffentlich.