Gemeindevertretung 06.02.2023 – Redebeitrag Finanzen Christian Steinmetz
Redebeitrag zum Haushalt 2023
Sitzung der Gemeindevertretung am 06.02.2023 – Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen der Gemeindevertretung, werte Zuschauerinnen und Zuschauer,
in meiner damaligen Haushaltsrede zum Haushalt 2022 stellte ich die Frage, ob die positiven Entwicklungen der Jahre 2020 und 2021 nur glücklichen Umständen zu verdanken waren.
Zu vage erschien damals die Sanierungsheldengeschichte von Bürgermeister Schledt und der unterstützenden Kooperation aus CDU und FDP.
Ich greife kurz vorweg. Heute bin ich mir sicher, dass nur kurzfristige, unplanbare und glückliche Umstände für diese Geschichte gesorgt haben. So kurzfristig wie auch die Kooperation zwischen CDU und FDP währte.
Bereits damals beschlichen uns erste Zweifel an der Sanierungsheldengeschichte. Und mit dem nun für 2023 vorgelegten Haushalt ist von Sanierung wohl beim besten Willen nicht mehr zu sprechen.
Im Gegenteil: Mit einem Minus von fast 2 Mio. € im ordentlichen Ergebnis wird vom selbsternannten Sanierer Bürgermeister Joachim Schledt das schlechteste ordentliche Ergebnis seit 2014 geplant.
Auch das abgelaufene Jahr 2022 liefert bis einschließlich drittem Quartal (Zwischenbericht der Verwaltung vom 25.10.2022) kein positiveres Bild. So erzielte unsere Gemeinde Münster ein Minus von 1,75 Mio. € in den ersten 9 Monaten (im ordentlichen Ergebnis). Geplant waren für das Gesamtjahr Verluste in Höhe von nur -900.000 €. Aktuellere Zahlen liegen leider noch nicht vor. Ich gehe aber davon aus, dass diese die bisher negative Tendenz für 2022 weiter fortschreiben werden.
Da hilft es nun auch nicht, dass Bürgermeister Joachim Schledt einen so genannten Doppel-Wumms in Anlehnung an den Bundeskanzler als Ausrede heranzieht. Als Doppel-Wumms bezeichnet Schledt die Kombination aus Gewerbesteuer-Rückzahlung in Höhe von 1 Mio. € und die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage um 1,4 Mio. €.
Dass Münster nicht jedes Jahr Gewerbeeinnahmen von über 4 Mio. € wie 2020 und 2021 erzielt, sollte einem vorausschauend planenden Bürgermeister durchaus bewusst sein. Es genügt der Blick in die Vergangenheit. In dieser lag die Summe der Gewerbesteuereinnahmen im Schnitt bei 2,5 Mio. €.
Festzuhalten bleibt, dass 2020 und 2021 einfach nur untypische Glücksfälle in Form von Gewerbesteuer-Nachzahlungen für Münster waren, die sich im Nachhinein als Luftnummern herausgestellt haben. Wie gewonnen so zerronnen!
Verbleibt vom Doppel Wumms noch die Kreis- und Schulumlage.
Richten wir auch hier wieder den Blick in die Vergangenheit und bemühen die Aufstellungen des Revisionsamtes für die Prüfung des Haushaltes 2020.
So schreibt der Leiter des Revisionsamtes in seiner Prüfung (des Jahresabschlusses 2020):
„Wie die Abbildung zeigt, hatte die Kreis- und Schulumlage im Jahr 2020 mit insgesamt 10,5 Mio. €(10.496.197,00 €) den höchsten Wert der letzten Jahre erreicht. Im Jahr 2015 waren hingegen noch 8,1 Mio. € (8.123.559,46 €) an den Landkreis Darmstadt-Dieburg zu entrichten.“
Man erkennt recht einfach den Anstieg um 2,4 Mio. € und 2018 stieg die Umlage sogar um ca. 1 Mio. € im Vergleich zum Vorjahr.
Bei solider Planung müsste man also mit mindestens 400-500 T € Anstieg pro Jahr rechnen. Und auch einen stärkeren Anstieg als Risiko im Hinterkopf haben.
Somit „wummsen“ eigentlich nur noch maximal 900 T €, bei entsprechender Risikobetrachtung sogar wesentlich weniger.
Und wie gleicht man diesen Betrag aus?
Mit der Steigerung der Einkommenssteuer um ca. 1 Mio. € und zusätzlich mit der Erhöhung der Schlüsselzuweisungen um fast 1,7 Mio. € im Vergleich zur Planung 2022.
Und ab jetzt hat es sich mit der Begründung „ausgewummst“.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Der Doppel-Wumms stellt aus meiner Sicht kein unplanbares Ereignis dar, sondern ist als Argument für diesen negativen Haushalt schlicht und ergreifend eine nicht zulässige Begründung. Noch schlimmer: Dieser Doppel-Wumms war und ist kalkulierbar gewesen.
Und da hilft es auch nicht, durch einen erlaubten Kniff im Zuge der Bilanzierung die Umgehung der Haushaltssicherung zu feiern. Letztendlich werden gebildete Rücklagen in Höhe des Minus aufgebraucht…
… bis keine Rücklagen mehr übrig sind.
Nebenbei:
Auffallend hoch gestaltet sich auch die Steigerung der Personalkosten mit über 1 Mio. € im Vergleich zu 2021.
Ich rechne fairerweise die Steigerung im Kinderbetreuungsbereich heraus, es verbleibt jedoch immer noch eine gehörige Steigerung (360 T €). Addiert man zu dieser die ab 2023 outgesourcten Leistungen im Zuge des Beitritts zur Gemeinschaftskasse (192 T €), ergibt sich eine Steigerung des Verwaltungs- und Bauhofpersonalaufwandes um 550 T € im Vergleich zu 2021.
550 T € mehr an Aufwendungen für Verwaltung und Bauhof.
Ich erinnere mich an Zeiten, als man aus vorderster Front der CDU-Fraktion den amtierenden Bürgermeister für solche Steigerungen verbal steinigte.
Bürgermeister Schledt muss sich an dieser Stelle die Frage gefallen lassen, ob er als ehemaliger Personalleiter hier tatsächlich die richtigen Entscheidungen getroffen und ob er alle potenziellen Synergien genutzt hat.
Zum Abschluss blicke ich noch einmal zurück auf meine Rede zum Haushalt 2022.
Damals fragte ich: Wo ist in Münster eine Sanierung zu erkennen?
Wo sind zudem die vollmundigen Versprechen aus dem CDU-Wahlkampfprogramm und den Ankündigungen des Bürgermeisters?
- Senkung der Grundsteuer
- Schnellstmögliche Rettung und Sanierung des Hallenbades
- Steigerung der Attraktivität des Breitefelds
- Entwicklung Frankenbachgelände
- Abschaffung der Straßenbeitragssatzung
Die CDU beschreibt selbst ihre erfolgreichsten Umsetzungen mit Bolzplatz, Hundespielwiese und Erinnerungsstätte für die Sternenkinder.
Unsere Meinung: Bisher knapp vorbei an den alten Versprechen. Vielmehr ein gefühlter Stillstand gepaart mit fraglichen Hirngespinsten oder doch einfach nicht einhaltbare und fragwürdige Wahlkampf-Versprechen.
Und zu diesen nicht eingehaltenen Versprechen gibt es neue zusätzliche Fragen:
- Wann erfolgt der Abriss des Hallenbades? Vollmundige Aussage für den Haushalt 2022 war 2021: „Kein Problem, die Kosten sind im Haushalt enthalten.“ Heute reden wir von 600.000 + X € ohne bisherige Berücksichtigung im Haushalt.
- Wo sind die Erfolge durch vernünftiges Reden mit der Verwandtschaft des Bürgermeisters im Breitefeld? Originalzitat: „Man muss mit den Menschen nur reden.“ Vielmehr ist das größte Unternehmen mit 140 Mitarbeitern im Breitefeld nach Dietzenbach abgewandert. Und über das jämmerliche Außenbild brauche ich wohl keine Worte zu verlieren.
- Wo sind die versprochenen und beschworenen Gewerbe-Interessenten für das Frankenbachgelände? Und glaubt man wirklich noch an ein Nullsummenspiel im Zuge der Wandlung zum Gewerbegebiet? Vielmehr drohen hier Verluste in Millionenhöhe.
- Wie stemmt Münster die von der Bauverwaltung prognostizierten Aufwendungen für Straßenerneuerungen von knapp 28 Mio. € in den nächsten 10 Jahren? Sicherlich nicht, in dem man diese im Investitionsplan für die Jahre 2024-2026 ignoriert.
- Wie begegnen wir dem Sanierungsstau bei der Seniorenwohnanlage und den gemeindeeigenen Wohnanlagen? Durch Flucht mit Veräußerung der letzten Immobilien und Grundstücke?
- Ist das geplante Vorgehen zum Neubau der katholischen Kita sinnvoll? Hier drohen weitere Mehrkosten in Millionenhöhe gegenüber der nicht aktualisierten Investitionsplanung aus 2019.
- Muss das Wäldchen am Werlacher Weg für einen einmaligen Verkaufserlös zur einmaligen Haushaltsrettung herhalten, statt ein wertvolles Ökosystem zu bleiben?
- Macht es Sinn, den Bau des Regenrückhaltebeckens im Bürgerpark auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben? Und somit die Anwohner den Gefahren eines aufgrund des Klimawandels immer stärker drohenden Starkregens auszusetzen. Wo bleibt hier die Fürsorgepflicht der Kommune?
Es stellt sich also die generelle Frage: Nehmen Bürgermeister Schledt und seine Unterstützer wirklich die richtigen Dinge in Angriff?!
Ich vermisste damals wie heute Vision und Strategie seitens Bürgermeister und CDU und prognostizierte süffisant die Reise ins Tal der Schulden. Außer Versprechen und leeren Reden habe wir bis heute wenig bis gar nichts erlebt – auf Worte folgten keine oder nur wenige Taten. Es gibt schlicht und ergreifend keinen Plan. Vielmehr wird nur reagiert, statt zu agieren und zu gestalten.
Anscheinend lautet das Motto: Verwalten statt Gestalten!
Und dazu erinnere ich gerne immer wieder an Einsteins Worte:
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“.
So ist ein weiteres Jahr mit derselben Denkweise verstrichen, die Hälfte einer Amtszeit fast vergangen. Und mit Blick auf den aktuellen Haushalt erkennt man, dass es so nicht weiter gehen darf! Keine Vision, keine langfristigen Ziele und kein Plan. Stattdessen ein stetes weiter wie bisher. Noch mehr Baustellen und aus unserer Sicht kaum Bewegung, sondern gefühlt Rückschritte.
Dafür kann es von Seiten der SPD-Fraktion keine Zustimmung geben. Von daher verweigern wir dem Haushalt 2023 als auch der unzureichenden Investitionsplanung unsere Zustimmung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.